Cordula Tutt Alter Wir haben mit der Journalistin Cordula Tutt darüber gesprochen, dass die Trennung von Familien ein potenzieller Bruchpunkt in einer Jamaika-Koalition ist. Außerdem stehen in Österreich Präsidentschaftswahlen an. Steht der Rechtspopulismus im Weg? Außerdem die Säuberung der Bombenanschläge auf den Breitscheidplatz.

Rund 70.000 Syrer und Iraker versuchen inzwischen, Familienangehörige in Deutschland zu erreichen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes sagte, bei den deutschen Konsulaten in Beirut und Amman seien viele Anfragen eingegangen. Die Frage ist nun, was diese Zahl für die politische Landschaft in Deutschland bedeutet. Beim Familiennachzug könnten CDU/CSU, FDP und Grüne auseinanderfallen.
Die Union ist entschlossen, ihn am Verlassen zu hindern; ihm ist bereits die Ausreise bis März nächsten Jahres untersagt. Die Grünen argumentieren, die Trennung von Familien sei unmenschlich und erschwere die Integration. Die Journalistin Cordula Tutt, unser aktueller Gast, wird uns sagen, ob es in dieser Situation einen Kompromiss geben kann.
Außerdem gehen die Österreicher am Sonntag zur Wahl, und die FP hat angeboten, sowohl mit der zersplitterten VP als auch mit der vereinten SP als potenzielle Koalitionspartner zusammenzuarbeiten. Wie gesellschafts- und politisch handlungsfähig sind die einst schrillen Rechtspopulisten heute?
Bemerkenswert ist auch, dass heute ein Sonderreporter seinen Abschlussbericht zum Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin liefern wird. Bruno Jost hat geprüft, ob die behördlichen Ermittlungen zur Gräueltat des mutmaßlichen Täters Anis Amri fehlerhaft waren. Sind unsere Sicherheitsbehörden gut gerüstet, um mit der Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus fertig zu werden?
Cordula Tutt studierte Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Öffentliches Recht in Freiburg und Berlin. Danach arbeitete sie für Reuters, die Financial Times Deutschland und Focus als Parlamentskorrespondentin. Seit 2010 ist sie Autorin für die „Businessweek“ in Berlin. Offenbar hat sich das Leben auf dem Land weniger verändert als in der Stadt.

Selbst in den kleinsten Flecken ist zu sehen, wie schnell sich die Republik verändert hat. Landwirte im Rheinland oder Mecklenburg haben neue Nachbarn: Biber urbar machen, Löcher in Dämme erbeuten, Felder flöten und Teiche toben lassen.“ Wolf und Luchs sind wieder Bewohner von Menschentötungszonen in Brandenburg und Sachsen keine Schulen in Oberfranken, Sachsen oder im Saarland.
Wann eine Schule schließen muss, wird in den Kultusministerien ausgerechnet. Kommunen verlieren langsam ihren jugendlichen Glanz, junge Männer ziehen weg, um Familien zu gründen und kommen nie wieder. Angesichts der Aussicht auf Mangel an Bildung Neue Mitarbeiter müssen viele Kleinstädte ihre Bäckereien, Restaurants und Autowerkstätten verkaufen.
An der heutigen Welt gibt es noch viel zu mögen. Für viele Menschen wird es nicht mehr lange so bequem sein, auch wenn die meisten Politiker selbst diese Diagnose nicht akzeptieren wollen. Die Bevölkerung schrumpft ebenso wie das Wirtschaftswachstum und die Handlungsfähigkeit des Staates. Schrumpfen bedeutet, dass die Unterschiede in Deutschland größer werden.
Die Kluft zwischen Arm und Imperium ist größer geworden. Wer hat, für den wird es mehr geben. Einzelne können ihre Lebensqualität nicht mehr halten, ganze Regionen sind aufgestiegen. Andere könnten von der Rangelei profitieren und ihre Position stärken. Qualifizierte und mobile Arbeitskräfte werden akquiriert, attraktive Regionen wachsen weiter und ziehen Menschen an. Wir anderen, die „Verlierer“, müssen radikal umdenken.
Wenn Menschen die Regeln der Vergangenheit brechen und ihre Kreativität einsetzen, um einen Mangel daran zu bekämpfen, beginnen neue Dinge zu entstehen. Das hier gegebene Beispiel könnte als Warnung für diejenigen dienen, die die Macht des Seufzers noch nicht erkannt haben. Viele Großstädte werden innerhalb von fünf Jahren Einwohner verlieren, nicht nur im Ruhrgebiet oder im Osten.
Laut Maria Böhmer, Bundesbeauftragte für Integration, wird in mehreren westdeutschen Städten die Hälfte der Bevölkerung unter 40 Jahren aus Einwandererfamilien stammen. Die Zuwanderer haben mehr Kinder als die Einheimischen, wodurch ihr Anteil an der Bevölkerung rapide zunimmt. Seit 2003 nimmt die Zahl der in Deutschland lebenden Menschen statistisch gesehen langsam, aber stetig zu.
Nur 676.000 Kinder wurden im Jahr 2005 in Deutschland geboren, genauso viele wurden 1945 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geboren. Seit einigen Jahren werden laut Statistik auf jede Frau nur etwa 1,4 Kinder geboren. Das bedeutet, dass jede nachfolgende Generation etwa ein Drittel kleiner ist als die vorherige. Von nun an dürften jährlich neue Rekorde aufgestellt werden, allein schon, weil weniger Kinder als Eltern zur Verfügung stehen.

Seit den 1970er Jahren wurden im Land weniger Menschen geboren als Menschen im Land starben. Deutschland hingegen verändert sich. Destatis prognostiziert, dass bis 2050 die Hälfte der Bevölkerung über 48 und ein Drittel über 60 Jahre alt sein wird. Bereits ab 20 wird der Anteil älterer Menschen deutlich steigen
Deutschlands alte Republik ist die Quelle dieser Aussage. Derzeit ist nur ein Fünftel der Menschen im Land unter 20 Jahre alt. In 45 Jahren wird nur noch ein Bruchteil der Bevölkerung aus Kindern und Jugendlichen bestehen. In Deutschland wird in 45 Jahren mit einem Bevölkerungsrückgang von rund zehn Millionen Menschen gerechnet.
Keine dieser Entwicklungen ist an sich neu, aber in ihrer Gesamtheit verändern sie viele Aspekte unseres Alltags. Der Einzelne muss schneller und mühsamer lernen als in der westdeutschen Bundesrepublik. Sowohl im Westen als auch in der DDR war das Postulat für kontinuierliches Wachstum in den ersten Jahren der Nachkriegszeit ein Erfolg.
Streitigkeiten könnten gelöst werden, bevor sie ausbrechen. Jetzt geht es nicht nur darum, einzusparen, sondern auch darum, die verbleibenden Ressourcen anders und sinnvoller einzusetzen. Einige Einheimische haben bereits vom „Umverteilungsstress“ gesprochen, den sie erlebt haben. Das Ausmaß der Ungleichheit wird durch Stolpern noch verstärkt.
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